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In der Rubrik „Hochgeistiges“ erschien auch im vergangenen Jahr jeden Monat eine Spirituosen-Kolumne von mir im ef-Magazin. Die gesammelten Kolumnen 2018 habe ich nachfolgend wieder hier im Blog zusammengestellt.

Speyside-Armagnac

The Macallan Elegancia 1992

ef 179 – Januar/Februar 2018

Als ich in der Hausbar eines Freundes diese Flasche entdeckte, zog sie mich geradezu magisch an. Ein Glas ihres Inhalts bescherte mir eine wahre Whisky-Sternstunde, wobei die Aromatik und Stilistik mich (ein Kompliment!) an Armagnac erinnerten; mich ergriff eine zutiefst friedvolle Stimmung.

Der Single Malt Scotch kommt aus der Region Speyside in den Highlands. In Easter Elchies am Ufer des Spey liegt die Destillerie The Macallan, die 1824 gegründet wurde und damit eine der ältesten legalen Whiskybrennereien in Schottland ist. Das Anwesen Easter Elchies House befindet sich im Ort Craigellachie in der traditionellen Grafschaft Banffshire, die heute zum Verwaltungsbezirk Moray gehört. Neben diesem knapp 160 Hektar großen Landgut betrachtet The Macallan fünf weitere Elemente als „Grundsteine für den Ruhm und Charakter“ seiner Whiskys: die 14 kupfernen Brennblasen, die zu den kleinsten in der Speyside-Region zählen und es dank ihrer außergewöhnlichen Form sogar auf die Rückseite schottischer Zehn-Pfund-Banknoten geschafft haben; die besonders strenge Selektion des Herzstücks des Brandes bei der Destillation, das die feinsten Aromen enthält; die nach speziellen Vorgaben gefertigten Eichenholzfässer; die ausschließlich natürliche Farbe der Destillate; den „unvergleichlichen Geist von Ort und Produktion, Menschen und Leidenschaft“ (Marketing muss sein).

Der „Elegancia 1992“ wurde in dem genannten Jahr gebrannt und reifte dann zwölf Jahre in Oloroso- und Fino-Sherryfässern, bis er 2004 mit 40 Volumenprozent Alkohol abgefüllt wurde. Er ist fein und komplex, tief und voll im Duft mit Noten von getrockneten Aprikosen und Pflaumen, Rauch, Rosinen, Tabak, Äpfeln, getrockneten Kräutern und Blüten sowie etwas kandierten Nüssen. Im Mund präsentiert er sich fein und nachhaltig mit Aromen von Karamell, Tabak, getrockneten Pflaumen, Mirabellen, eingelegten Pfirsichen und kandierten Walnüssen sowie erdigen und rauchigen Anklängen – weich, erfüllend, wohltuend und lang.

Englisches Herzstück

Cotswolds Dry Gin

ef 180 – März 2018

Die Cotswolds sind eine historische Landschaft in England, zwischen Oxford und Bristol gelegen. In dem kleinen Ort Shipston-on-Stour verwirklichte Daniel Szor seinen Traum von einer eigenen Whisky-Brennerei: Aus einem verfallenen Anwesen baute der ehemalige Londoner Finanzmanager eine Spirituosen-Manufaktur auf, die im Sommer 2014 ihren Betrieb aufnahm. Gin sollte eigentlich nur der Auftakt sein, bevor der Whisky marktreif war, doch er fand sofort reißenden Absatz und wurde eine der Hauptsäulen des Geschäfts. Heute erzeugt die Cotswolds Distillery Single Malt Whisky, Gin und Spezialitäten wie fassgereiften Gin, Sherry, Wermut und Likör.

Der klassische London-dry-Gin – ausschließlich aus natürlichen pflanzlichen Rohstoffen gewonnen und ohne zugesetzte Süß- und Farbstoffe – besteht aus neun Botanicals: Wacholderbeeren, Koriandersamen, Angelikawurzel, Lavendel, Lorbeerblättern, Schalen von frisch geschälten Zitronen und Grapefruits, Kardamomsamen und schwarzen Pfefferkörnern. Cotswolds setzt vom Gewicht her zehnmal mehr Botanicals ein, als durchschnittlich bei der Gin-Herstellung verwendet werden, deshalb ist der Gin besonders reich an ätherischen Ölen und Pflanzenextrakten.

Die Basis ist ein neutrales Weizendestillat mit 96 Volumenprozent Alkohol, in dem zunächst Wacholder, Koriander und Angelika 15 Stunden in der kupfernen Brennblase mazerieren. Danach erfolgt zusammen mit den übrigen Botanicals die Destillation. Das Herzstück des Brands mit 83 Volumenprozent wird fünf Tage ruhen gelassen, damit die Aromen sich harmonisieren können. Der Gin wird nicht kältegefiltert und lediglich mit entmineralisiertem Wasser auf seine Trinkstärke von 46 Volumenprozent gebracht.

Sein Duft ist sehr klar und erinnert an Wacholderbeeren, Zitrusfrüchte und Salbei. Auch der Geschmack ist klar und trocken mit Noten von Wacholderbeeren sowie Anklängen an Estragon, Feuerstein, Zitrusfrüchte und Fenchelsamen – puristisch und geradlinig mit fein süßlichem Schmelz und großer Länge.

Südinsel, Kurs Nordost

Caol Ila 12 years old

ef 181 – April 2018

Willkommen in der größten der acht Whisky-Brennereien, die auf der Hebrideninsel Islay noch aktiv sind. Caol Ila bedeutet „Islay-Sund“ – und genau dort liegt die Destillerie: in einer felsigen Bucht an der Nordostküste der Insel, nahe dem Hafenort Port Askaig. Die Lage ist relativ isoliert, bietet aber eine spektakuläre Aussicht auf die namengebende Meerenge zwischen Islay und der Nachbarinsel Jura.

1846 von Hector Henderson gegründet, ging die Brennerei nach mehreren Eigentümerwechseln vor gut 90 Jahren an die Distillers Company Limited (DCL) bzw. deren Tochtergesellschaft Scottish Malt Distillers (SMD). Aus DCL wurde inzwischen der Spirituosenkonzern Diageo, aus SMD die United Malt and Grain Distillers (UMGD) – an den Besitzverhältnissen hat sich nichts geändert.

Zwischen 1972 und 1974 wurde die Destillerie bis auf das große Lagerhaus vollständig abgerissen und neu errichtet. Dabei wurde die Produktionskapazität deutlich erhöht und die Anzahl der Brennblasen auf sechs erweitert. Die ursprünglichen Kessel wurden originalgetreu nachgebaut und behielten ihre charakteristische Form (große, zwiebelförmige Bäuche und lange, schlanke, nach unten gebogene Arme); sie werden nach wie vor mit Dampf befeuert. Das Gerstenmalz liefert die Zentralmälzerei Port Ellen Maltings im Süden der Insel, das Wasser stammt aus dem nahe der Brennerei gelegenen torfigen See Loch nam Ban (auch bekannt als Torrabolls Loch). Die Gärung der Maische dauert bei Caol Ila extrem lang (80 bis 120 Stunden), nach der Destillation lagern die meisten Whiskys in ehemaligen Bourbonfässern. 

Das gilt auch für den 12 Jahre gereiften Single Malt mit 43 Volumenprozent Alkohol, der gleichermaßen herkunftstypisch wie abenteuerlich nach Rauch, Torf, Kandis, weißen Johannisbeeren, Mirabellen und schwarzen Nüssen duftet. Im Geschmack vereinen sich Noten von Mirabellen und Pfirsichen mit Aromen von Torfrauch und Zigarrentabak sowie Anklängen an getrocknete Kräuter – ein kraftvoller Islay-Whisky mit langem Nachhall.

Kubanisches Meister-Werk

Havana Club Selección de Maestros

ef 182 – Mai 2018

1878 gründete der emigrierte Baske José Arechabala in Cárdenas an der Nordküste Kubas die Brennerei La Vizcaya. 1921 schloss diese sich mit anderen Destillerien des Ortes zusammen und verkaufte ab 1935 Rum unter dem Namen Havana Club. 1960 wurde das Unternehmen verstaatlicht und bezog 1970 einen neuen Produktionsstandort im knapp 100 Kilometer weiter westlich gelegenen Santa Cruz del Norte.

Der „Selección de Maestros“ gehört zur Premiumlinie „Icónica Collection“ von Havana Club und trägt die Bezeichnung „Triple Barrel Aged Rum“. Um das zu verstehen, muss man den Herstellungsprozess genauer betrachten: Rum entsteht aus Melasse (Zuckersirup), die zu Maische fermentiert wird; diese wird dann gebrannt, und das Destillat reift anschließend mehrere Jahre in ehemaligen Whiskeyfässern aus amerikanischer Weißeiche. Die Auswahl der Meister, nach der diese Rum-Spezialität benannt ist, vollzieht sich danach im Verfahren des „Cuban Barrel Proof“: Maestro Ronero (Rum-Meister) Don José Navarro wählt zusammen mit seinen Meisterkollegen die fünf feinsten Rums aus, die mindestens zehn Jahre Reife in zwei unterschiedlichen Fässern hinter sich haben. Der Blend (Verschnitt) dieser Destillate darf dann noch einmal einige Zeit in neuen Eichenholzfässern reifen. Nachdem die Maestros gemeinsam beschlossen haben, dass der Rum seinen optimalen Reifestatus erreicht hat, wird er mit 45 Volumenprozent Alkohol abgefüllt.

Sein Duft erinnert an Tabak, getrocknete Kräuter, teils angetrocknete, teils eingemachte Aprikosen, getrocknete Pflaumen und Zitrusfrüchte sowie Gewürznelken und etwas Zimt. Im Mund zeigt er eine feine Süße, Aromen von angetrockneten Aprikosen und Feigen, Noten von Tabak und teilweise getrockneten Blüten sowie zart kräuterige Anklänge; er ist sehr fein, warm und lang. Der Nachhall ist geprägt von Aprikosenkonfitüre, Blütenhonig, Tabak und Kräutern. In seiner Struktur wirkt dieser Rum wie ein Leichtathlet, bei dem jeder einzelne Muskel perfekt definiert ist – beeindruckend!

Des Tages Mühe Lohn

The Maltman Glenallachie 9 years old

ef 183 – Juni 2018

Vor gut zehn Jahren, im Juni 2008, wurde dieser Whisky destilliert. Das geschah in der Brennerei GlenAllachie in der Speyside im Norden Schottlands. Die Destillerie ist erst ein halbes Jahrhundert alt und damit eine der jüngeren des Landes; 1967 wurde sie in der Nähe von Aberlour in der historischen Grafschaft Banffshire gegründet und gehört heute zum französischen Wein- und Spirituosen-Konzern Pernod Ricard. Der Name „Glenallachie“ bedeutet aus dem Gälischen übersetzt etwa „Tal des felsigen Platzes“. Das Malz der Brennerei wird hauptsächlich von einer nahe gelegenen Großmälzerei der Konzerntochter Chivas bezogen, das Wasser kommt aus tiefen Quellen im Granitgestein des Bergs Ben Rinnes sowie aus kleinen Bächen von dessen Schmelzwasser.

Die Whiskys von GlenAllachie sind wenig bekannt, da der größte Teil der Destillate in industrielle Blends fließt. Der The Maltman Glenallachie 9 years old stammt jedoch vom unabhängigen Abfüller Meadowside Blending. Hinter dieser renommierten Firma mit Sitz in Glasgow stehen Donald Hart und sein Sohn Andrew. Sie wählen für ihre Einzelfass-Serie „The Maltman“ jedes Fass persönlich aus. Der Glenallachie reifte zunächst traditionell in einem ehemaligen Bourbon-Fass und erhielt schließlich ein Finish in einem Riesling-Weinfass. Im August 2017 wurde er mit der Fassstärke von 55,1 Volumenprozent Alkohol ohne Kältefiltration und ohne Zusatz von Farbstoffen abgefüllt. 

Der The Maltman Glenallachie 9 years old ist in seinem Wesen und seiner Aromatik ein typischer Speyside-Whisky, der nach Blüten, etwas Heu, teilweise getrockneten gelben Früchten sowie etwas Zuckersirup und Vanille duftet. Auch im Mund geben teilweise getrocknete gelbe Früchte den Ton an, feine Süße verbindet sich mit der Würze von Holz und getrockneten Pflanzen; der Whisky hat Schmelz und präsentiert sich warm, mild und nachhaltig. Ein äußerst angenehmer Feierabend-Dram (Schluck), der nicht überfordert, aber auch genug Anspruch hat.

Geheimnisvoller Freund

Port Askaig 8 years old

ef 184 – Juli 2018

Port Askaig ist ein kleiner Hafenort an der Ostküste der Hebrideninsel Islay, dort, wo die Meerenge zwischen Islay und der Nachbarinsel Jura am engsten ist. Neben Port Ellen an der Südküste ist Port Askaig einer der beiden bedeutendsten Fährhäfen von Islay – nur eine Whisky-Destillerie dieses Namens gibt es nicht.

Wohl aber – wie man sieht – einen Whisky bzw. eine Whisky-Linie. Sie wurde 2009 von den Brüdern Sukhinder und Raj Singh kreiert, die zehn Jahre zuvor mit The Whisky Exchange einen der größten Spirituosenhändler im Internet gegründet hatten und auch die Köpfe des in London ansässigen unabhängigen Abfüllers Speciality Drinks sind, dessen Marke Port Askaig ist.

Der acht Jahre alte Whisky ist der jüngste der Linie und – ebenso wie alle seine Gefährten – ein sogenannter Mystery Malt, d.h. die Destillerie, aus der er stammt, ist nicht bekannt und wird geheim gehalten. Die Tatsache, dass die Brennerei Caol Ila nur wenige Kilometer nördlich der namensgebenden Ortschaft liegt, gibt Gerüchten Nahrung, dass der Whisky von dort stamme, doch das ist reine Spekulation. Fakt ist: Er kommt von Islay, reift in ehemaligen Bourbon-Fässern und wird nicht kühlgefiltert und ohne Zusatz von Farbstoffen mit 45,8 Volumenprozent Alkohol abgefüllt.

Wer den Islay-Stil kennenlernen möchte, ist mit dem Port Askaig 8 years old gut beraten, denn er ist typisch, charaktervoll und zugleich angenehm zugänglich – nicht so extrem wie andere Whisky-Persönlichkeiten von der Insel. Der Duft erinnert einerseits an Rauch und Teer sowie andererseits an Mirabellen und Pfirsiche und zeigt feine florale Noten. Im Mund ist der Whisky sehr fein und – trotz des höheren Alkoholgehalts und speziell für Islay-Verhältnisse – sehr mild, dabei aber auch recht kraftvoll mit Aromen von Tabak, Heu, gelben und weißen Früchten (vor allem wiederum Mirabellen) und Kräutern, zarter Süße und einem sanften, langen Ausklang. Mit diesem Dram (schottisch für Schluck) schließt man Freundschaft mit Islay.

„Grüner“ Weinbrand

Aguardente Vínica Velha de Vinho Verde

ef 185 – August/September 2018

In Porto, der „Hauptstadt“ des Vinho-Verde-Gebiets im Norden Portugals, lernte ich diese Spezialität kennen: einen Weinbrand aus Vinho Verde.

Vinho Verde kennt man bei uns – wenn überhaupt – als leichten, frischen, spritzigen Weißwein, der innerhalb der ersten ein bis zwei Jahre nach der Lese getrunken werden sollte. Doch die geschützte Herkunftsbezeichnung gilt auch für Rosé- und Rotweine, und selbst bei den Weißweinen ist die Vielfalt weitaus größer, als man hierzulande weiß. In entsprechender Qualität (mit geringem Ertrag und Holzfassausbau) haben die Weine sogar ein bemerkenswertes Reifepotenzial von fünf Jahren oder mehr.

Vinho Verde ist die älteste und größte geschützte Ursprungsbezeichnung (Denominação de Origem Protegida, abgekürzt DOP) Portugals; sie besteht seit 1926 und umfasst aktuell rund 21.000 Hektar Rebfläche. Die Rebsorten für Vinho Verde sind allesamt autochthon, d.h. sie kommen aus der Region selbst. Für die Weißweine sind die wichtigsten Trauben Loureiro, Alvarinho, Arinto, Avesso, Azal und Trajadura; klassisch ist eine Cuvée aus 60 Prozent Loureiro und jeweils 20 Prozent Arinto und Trajadura. Seinen Namen hat der Vinho Verde von der grünen Landschaft, in der die Trauben wachsen; verantwortlich dafür ist das feuchte, atlantische Klima in diesem Gebiet.

Für das Aguardente Vínica Velho de Vinho Verde – produziert von der Kellerei Adega Ponte da Barca – werden ausgewählte Vinho-Verde-Weißweine destilliert. Anschließend reift das Destillat mindestens 15 Jahre lang in französischen Eichenholzfässern und wird schließlich mit 39 Volumenprozent Alkohol abgefüllt. Im Duft erinnert der „alte Weinbrand“ etwas an Grappa mit Noten von Holz, teilweise getrockneten Kräutern, Hefe, Tabak, getrockneten Blumen und Heu. Im Mund ist er kraftvoll, würzig und lang und zeigt Aromen von Heu, teilweise getrockneten Kräutern, getrocknetem Gemüse, Kamille und gerösteten Nüssen sowie ätherische Anklänge an Fichtennadeln. Ein außergewöhnlicher, nachhaltiger Digestif!

Alpen-Whisky

Slyrs Edition No. 3 Pedro-Ximénez-Fass

ef 186 – Oktober 2018

Slyrs – ein Wort mit fünf Buchstaben, deren einziger Vokal ausgerechnet ein Ypsilon ist. Wenn man es englisch ausspricht (also etwa [slɜːs]), könnte es Gälisch sein und würde nach Schottland führen. Tatsächlich ist dieses Wort schon sehr alt, doch es wird ausgesprochen wie „Schliers“ und ist – Altbairisch: 779 gründeten fünf Mönche im heutigen Oberbayern ein Kloster, das sie Slyrse nannten und das der Region Schliersee ihren Namen gab. Von hier stammt der Slyrs Single Malt Whisky.

Der junge Braumeister Florian Stetter entdeckte 1994 auf einer Studienreise nach Schottland Parallelen zwischen dem Bierbrauen und dem Whiskybrennen und zwischen der schottischen und der oberbayerischen Landschaft. Zurück in der Heimat, machte er sich in der Brauerei Hopf in Miesbach daran, Gerstenmaische herzustellen, und destillierte diese anschließend in der elterlichen Destillerie Lantenhammer in Hausham: der „Bavarian Way of Whisky“.

Seit 1999 besteht die Whisky-Manufaktur Slyrs, und seit 2007 vollzieht sich der gesamte Produktionsprozess in der neu errichteten Destillerie im Schlierseer Ortsteil Neuhaus. Das Gerstenmalz kommt aus der Mälzerei Weyermann in Bamberg und wird in Buchenholzrauch getrocknet; das Wasser stammt aus der Bannwaldquelle in den Schlierseer Alpen. Die Whiskys reifen mindestens drei Jahre in getoasteten Holzfässern aus amerikanischer Weißeiche.

Der Edition No. 3 erhielt danach ein neunmonatiges Finish in einem ehemaligen Pedro-Ximénez-Fass. Pedro Ximénez ist ein süßer, intensiver Sherry, der aus Trauben der gleichnamigen Rebsorte gewonnen wird. Mit 46 Volumenprozent hat der Whisky eine selbstbewusste Alkoholgradation, sein Duft erinnert an Kräuter, Heu, Tabak, Aprikosen und Litschis. Auf der Zunge ist er zuerst recht scharf und schmeckt nach Heu und Tabak, doch etwa zehn Sekunden nach dem Schlucken erscheinen Aromen von Aprikosenkonfitüre, Honig, Rosmarin und Thymian. So klingt er fein süßlich und würzig aus und bleibt bemerkenswert lang im Mund.

Es menschelt im Glas

The Ileach Cask Strength

ef 187 – November 2018

Von Mystery Malts war an dieser Stelle vor wenigen Monaten schon einmal die Rede. Hier ist ein weiterer dieser Single Malt Whiskys, deren Brennerei nicht bekannt ist. 

Von The Ileach weiß man zumindest, dass er von der schottischen Insel Islay stammt, der südlichsten der Inneren Hebriden. Dort gibt es derzeit acht aktive Destillerien (im 19. Jahrhundert waren es einmal über 20). „Ileach“ ist die gälische Bezeichnung für die Bewohner von Islay, so dass der Whisky im Namen sowohl einen lokalen als auch einen menschlichen Bezug zu seiner Herkunft herstellt. Produziert wird er von der Highlands & Islands Scotch Whisky Company, einem unabhängigen Abfüller mit Sitz in Glasgow. Die Firma wurde 1997 von Brian Crook, einem Unternehmer mit jahrzehntelanger Exporterfahrung, gegründet und ging noch im selben Jahr mit The Ileach an den Markt; 2000 folgte die Variante in Fassstärke, um die es hier geht.

Fassstärke bedeutet, dass der Whisky nach der mehrjährigen Lagerung in Holzfässern nicht noch mit Wasser auf die sogenannte Trinkstärke von etwa 40 Volumenprozent Alkohol verdünnt wird, sondern seinen durch die Reife entstandenen natürlichen Alkoholgehalt behält. Bei The Ileach Cask Strength liegt dieser bei 58 Volumenprozent.

Bereits im Duft zeigen sich auffällig süßliche Noten: Neben rauchigem Holz und Tabak erscheinen eingemachte Erdbeeren, Zimt, Vanille, teilweise getrocknete Aprikosen und Nougat in der Nase. Im Mund präsentiert sich der Whisky kraftvoll, vielschichtig und sehr lang mit für Islay typischen Aromen von Rauch, Torf und Tabak sowie auch hier süßlichen Noten von reifen Aprikosen und Feigen, Bratäpfeln, Pflaumenmus und Aprikosenkonfitüre.

Mit seiner Aromatik und seinem Charakter wird The Ileach tatsächlich den Menschen von Islay gerecht: Die Rauch- und Torfnoten sowie der spürbare Alkohol spiegeln die Naturverbundenheit und das raue Klima des Nordatlantiks wieder, die fruchtig-süßlichen Komponenten nehmen Bezug auf die freundliche Wesensart der Inselbewohner.

Großvaters Erbe

Destillierkunst von Familie Steiner

ef 188 – Dezember 2018

Hauptberuflich haben Daniela und Kurt Steiner mit der Erzeugung oder Vermarktung alkoholischer Getränke gar nichts zu tun. Aber nebenberuflich – und die steirischen Weine und Destillate, die sie produzieren, haben mich nachhaltig beeindruckt und begeistert.

Das kleine Familienunternehmen in Klöch (knapp zehn Kilometer nördlich von Bad Radkersburg in der Südoststeiermark) heißt „Vinea Volcania Ludovici“ – sinngemäß übersetzt „Ludwigs Vulkan-Weingarten“. Ludwig, das war Daniela Steiners Großvater Ludwig Schöffl. Als er 2008 im Alter von 98 Jahren starb, hinterließ er seiner Enkelin einen halben Hektar Weinberge auf vulkanischen Böden sowie die Ausstattung seines kleinen Weinguts einschließlich einer Brennanlage. Bei Steiners tagte daraufhin der Familienrat, und man beschloss, das Erbe des Großvaters mit vereinten Kräften im Nebenerwerb fortzuführen. Dass diese Entscheidung unbedingt richtig war, zeigten eindrucksvoll die vier Weißweine und die Obst- und Tresterbrände, die ich vor einigen Wochen im Steiner’schen Privathaus in Bad Vöslau (südlich von Wien) probieren durfte.

Die hochprozentigen Spezialitäten firmieren unter den Marken „THE STILL ART“ und „DESTILLArT“ und werden in Glasflaschen mit 200 oder 500 Millilitern Inhalt abgefüllt, die Apothekerflaschen nachempfunden sind. Für die Besprechung und Empfehlung hier habe ich von den insgesamt sieben momentan angebotenen Bränden zwei ausgewählt, beide mit 40 Volumenprozent Alkohol.

Die „Reine Birne“ macht ihrem Namen wahrhaftig alle Ehre: im Duft intensives Birnenaroma, dazu florale und erdige Nuancen; im Mund fein, sehr rein und lang mit Noten von reifen Birnen und Birnenkompott, Anklängen an Rosinen und Kräuter sowie zart buttrigen Tönen.

Der „Grappa vom Gelben Muskateller“ duftet leicht ätherisch nach Kräutern, Orangenzesten, Quitten, Mirabellen und Muskat und präsentiert sich im Mund sehr fein, vielschichtig und lang mit Aromen von Blüten, teilweise eingemachten Aprikosen, Mirabellen, Heu, Kräutern und Muskat.