Am 23. April fand der „9. Frankfurter Wein- & Genusstag“, die Hausmesse von K&M Gutsweine, in der Kochschule von Mirko Reeh in Frankfurt-Bornheim statt. 19 deutsche Winzerinnen und Winzer präsentierten insgesamt 90 Weine aus den Jahrgängen 2009 bis 2015 – davon 15 Rotweine, vier Roséweine und acht Schaumweine.

In den fünf Stunden von 14 bis 19 Uhr, die für die Veranstaltung angesetzt waren, ließen sich die Weine bequem durchverkosten, die Stimmung unter den Besuchern und Ausstellern war wie üblich sehr gut, und man konnte sich ausreichend Zeit für Gespräche mit den Winzern nehmen. Besonders angenehm fand ich, dass auch zahlreiche Weine aus den Jahrgängen 2014 und 2013 ausgeschenkt wurden und nicht nur die sehr jungen 2015er; einige Winzer sagten, dass sie explizit keine Fassproben zu Messen mitbrächten, was ich für absolut richtig halte: Schon für einen Profi sind noch nicht abgefüllte Weine schwer zu beurteilen, Konsumenten können sie erst recht kaum einordnen, und die Kunden müssen meiner Ansicht nach lernen, dass gute Weine Zeit brauchen.

Überdurchschnittliche Qualität

Bemerkenswert war wieder einmal das generell hohe Qualitätsniveau der Weine, die Bernd Klingenbrunn und Armin Busch bei K&M im Angebot haben; natürlich gab es stärkere und schwächere Gewächse, und Beurteilungen richten sich immer auch nach persönlichen Vorlieben, aber es gab hier keinen wirklich unterdurchschnittlichen Wein. Ich habe die Weine, die mir besonders gefallen haben, nachfolgend in Gruppen zusammengefasst:

Von den Schaumweinen hat mich am meisten der 2013 Pinot Sekt Blanc de Noirs Brut von Jülg begeistert, ein sehr geradliniger und eleganter reinsortiger Schwarzriesling. In seiner Art ganz anders, aber ebenso beeindruckend war für mich der Pinot Sekt 48 Brut vom Margarethenhof – eine Cuvée aus Grau- und Weißburgunder, die 48 Monate auf der Hefe gereift ist; bernsteinfarben schäumt sie im Glas und ist am Gaumen weich und tief mit betörend nussiger Aromatik. Ein Erlebnis waren wie stets auch die Sekte von Reichsrat von Buhl: der straffe, frische 2014 Von Buhl Riesling Sekt Brut, der cremige Von Buhl Reserve Sekt Brut und der 2014 Von Buhl Rosé Sekt Brut, der kuriose Noten von Himbeerkernen aufwies. Darüber hinaus gefielen mir der feine, weiche 2012 Chardonnay Sekt Brut von Jülg und der präzise, schmelzige 2013 Pinot Sekt Privat Cuvée Brut von Arndt Köbelin.

Bei den Stillweinen gab es einen, der über allen anderen stand – für mich der beste Wein der Messe: der 2013 Marcobrunn Riesling GG von Achim von Oetinger, im ästhetischen Sinne schön, voller Finesse und Harmonie. Die beiden Weine, die mich am nachhaltigsten beeindruckt haben, waren gleichzeitig die beiden unkonventionellsten: der 2014 Riesling 18 trocken von Balthasar Ress (zupackend und vielschichtig, 18 Monate auf der Hefe gelagert, ungeschwefelt und unfiltriert abgefüllt) und der 2015 Silvaner Eigenart trocken von Max Müller I. (komplex und kraftvoll, auf der Maische vergoren).

Meine Top-Favoriten abgesehen von diesen drei „Sonderfällen“ waren (hier in der Verkostungsreihenfolge wiedergegeben):

• der opulente, substanzreiche 2015 Sauvignon Blanc Terra Rossa trocken und der von Schmelz, Kraft und Zug geprägte 2014 Sauvignon Blanc Fumé trocken von Weedenborn
• der vollsaftige, mit deutlicher Holznote veredelte 2014 Riesling Mütterle trocken und der geschliffene, ausgewogene 2015 Chardonnay Kalkgestein trocken von Pfirmann
• der 2014 Ungeheuer Riesling GG von Reichsrat von Buhl, der gerade erst langsam die Augen aufschlägt, aber schon jetzt seine Struktur erahnen lässt
• der elegante, geschliffene 2013 Spätburgunder R trocken von Jülg
• der 2014 Riesling Underdog trocken mit Kraft und Zug und der dichte, geschliffene 2013 Spätburgunder Sophia trocken von Sven Nieger
• der straffe, strukturierte 2014 Viviser Gutedel trocken und der tiefe, sehr elegante 2013 Spätburgunder Rhini trocken von Ziereisen
• der dichte, mineralische 2014 Neuenahrer Sonnenberg Frühburgunder trocken von Julia Bertram
• der kühle, dunkel-würzige und mineralische 2014 Großheubach Spätburgunder trocken und der sehr elegante, feine und kraftvolle 2014 Klingenberg Spätburgunder R trocken vom Weingut der Stadt Klingenberg
• der komplexe, animierende 2015 Rüdesheimer Riesling trocken von Balthasar Ress
• der puristische 2014 Riesling Mineral trocken von von Oetinger

Als Favoriten stachen des Weiteren hervor (wiederum in der Verkostungsreihenfolge angegeben):

• der harmonische 2015 Weißburgunder trocken, der feine 2015 Scheurebe Kalkader trocken und der ebenso runde wie rassige 2015 Dorn to be wild Rosé trocken von Eva Vollmer
• der saftige 2015 Sauvignon Blanc trocken und der kraftvolle 2009 Westhofen Cabernet Sauvignon trocken (mit auffälliger Kakaonote) von Weedenborn
• der straffe, ganz leicht gereifte 2013 Nackenheim Riesling trocken und der sehr
  feste, kompakte 2013 Pettenthal Riesling GG von Gunderloch
• der leichte, schmelzige und saftige 2015 Auxerrois trocken von Pfirmann
• der süffige 2015 Riesling Herr Mehling trocken, der mineralisch-kühle 2014 Deidesheimer Kieselberg Riesling trocken und der opulente 2014 Paradiesgarten Riesling trocken von Mehling
• der saftige 2015 Deidesheimer Riesling trocken von Reichsrat von Buhl
• der geradlinige 2015 Riesling Alte Reben *** trocken, der vollmundige 2015 Riesling Tausend Sterne *** trocken, der feste, geschliffene 2015
  Weißburgunder SL *** trocken und der schmelzige, saftige 2015 Chardonnay
  SL *** trocken von Alexander Laible
• der runde 2015 Grauburgunder Kabinett trocken, der leichte, ausgewogene
  2015 Spätburgunder Rosé Kabinett trocken und der süffige 2014 Spätburgunder Holzfass trocken von Arndt Köbelin
• der 2014 Riesling trocken mit Mineralik und Schmelz und der 2013 Umweger Stich den Buben Riesling trocken mit Zug, Saft und Mineralik von Sven Nieger
• der mineralische, saftige 2013 Spätburgunder Tschuppen trocken von Ziereisen
• der kraftvolle, kühle, geschliffene 2014 Spätburgunder Buntsandstein trocken vom Weingut der Stadt Klingenberg
• der feinfruchtige 2015 Riesling Spätlese vom Margarethenhof, dessen 60
  Gramm Restzucker im filigranen Säurespiel völlig aufgefangen werden
• der süffige, saftige 2015 Riesling von Unserm trocken von Balthasar Ress
• der geradlinige 2014 Müller-Thurgau Jott trocken von von Oetinger

Eine Reihe von Weinen fiel dadurch auf, dass sie einfach fantastisches
Trinkvergnügen bescherten – meine Joker-Weine (ebenfalls in Verkostungsreihenfolge):

• der eingängige 2015 Riesling Buntsandstein trocken und der saftige 2015 Weißburgunder Landschneckenkalk trocken von Pfirmann
• der 2015 Grauburgunder trocken und der 2015 Riesling Kalkmergel trocken von Jülg, die sich beide durch besonders viel Trinkfluss auszeichnen, wobei der Riesling zusätzlich noch einen gewissen Zug an den Tag legt
• der unkomplizierte 2015 Elbling Der Spritzige trocken vom Margarethenhof

Einige Weine waren jetzt noch extrem jung, zeigten aber schon viel Potenzial, so
dass sie als vielversprechende Hoffnungsträger der nächsten Jahre gelten können (Verkostungsreihenfolge):

• der noch unruhige, aber feinsaftige 2015 Nackenheim Riesling trocken von Gunderloch
• der 2015 Deidesheimer Leinhöhle Riesling trocken von Mehling
• der 2015 Volkacher Ratsherr Silvaner trocken von Max Müller I.

Essen – oder auch nicht

Auch diesmal gab es bei der Wein- und Genussmesse etwas zu essen: „hessische Tapas“, von Mirko Reeh und seinem Team frisch zubereitet, in acht kleinen Gängen, die man sich mit Hilfe einer „Food Card“ in der Küche abholen konnte. Speziell bei der letzten Veranstaltung hatte das sehr gut funktioniert, doch dieses Mal war es leider dramatisch schlecht organisiert
– maßgeblich auch bedingt durch eine neue räumliche Situation: In den vergangenen Jahren hatte es einen mehrere Meter langen Küchentresen gegeben, über den die Gäste schnell bedient werden konnten und dann an Tischen aßen. Nach einem Umbau gab es jetzt jedoch nur zwei sehr enge Zugänge zur Essensausgabe – denn der besagte Küchentresen stand nun längs im Raum, an beiden Seiten in vielleicht einem Meter Abstand gesäumt von Regalwänden, und war auch noch die einzige Möglichkeit, wo man sich zum Essen aufhalten konnte, um die Gläser und Teller währenddessen abzustellen – was viele Gäste in Anspruch nehmen wollten. So herrschte einiges Chaos und dichtes Gedränge, und nachdem ich eine halbe Stunde in einer Schlange vergeblich darauf gewartet hatte, auch nur ein Gericht zu bekommen, war mir die Lust aufs Essen vergangen, so dass ich weder zu den Speisen selbst noch zu etwelchen Kombinationsmöglichkeiten mit Weinen etwas sagen kann. Sehr schade.