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Auch 2022 erschien in der Rubrik „Hochgeistiges“ jeden Monat eine Spirituosen-Kolumne von mir im ef-Magazin. Die gesammelten Kolumnen dieses Jahres habe ich nachfolgend wieder hier im Blog zusammengestellt.

Spainside

The Macallan Amber 1824 Series

ef 219 – Januar/Februar 2022

Schon vor Jahrhunderten brannten die Getreidebauern in der Region Speyside, im Nordosten der schottischen Highlands, im Winter ihre überschüssige Gerste zu Whisky – allerdings nicht legal. Als einer der ersten in der Gegend erhielt der Landwirt und Lehrer Alexander Reid eine offizielle Brennlizenz, als er 1824 in Easter Elchies auf einem Plateau oberhalb des Spey die Elchies Distillery gründete.

Ursprünglich hieß dieses Gebiet Maghellan – zusammengesetzt aus dem gälischen Wort magh für „fruchtbarer Boden“ und dem Eigennamen Ellan, der sich auf den Mönch St. Fillan bezieht; dieser war im 8. Jahrhundert der Kirche, die einst auf dem Elchies-Territorium stand, eng verbunden. Roderick Kemp, der die Destillerie 1892 übernahm, benannte die Brennerei deshalb in Macallan – seit 1979 The Macallan – um, und unter diesem Namen florierte das Unternehmen während der folgenden über 100 Jahre im Besitz der Familie; seit 1999 gehört es zur Edrington Group.

Die Brennerei, die im Laufe der Zeit mehrfach neue Gebäude und Anlagen erhielt, befindet sich auf einem 150 Hektar großen Anwesen, The Macallan Estate, dessen Herzstück der historische Landsitz Easter Elchies House ist. Das Besondere der Macallan-Whiskys besteht darin, dass sie in ehemaligen Sherryfässern reifen und ihre Farbe ausschließlich von deren Holz erhalten. Dafür wählt Macallan bereits in Spanien die Eichenbäume aus, aus denen dort die Fässer gefertigt und 18 Monate lang mit Sherry aromatisiert werden. In Schottland werden diese dann mit dem Whisky-Feinbrand befüllt, der während seiner gesamten Reifezeit im selben Fass bleibt.

Der The Macallan Amber (engl. Bernstein), dessen Einzelbrände durchschnittlich zwölf Jahre gereift sind, stammt aus der „1824 Series“ und hat 40 Volumenprozent Alkohol. Sein Duft erinnert an Rauch, Heu sowie kandierte rote und gelbe Früchte, im Mund ist der Whisky fein und nachhaltig mit Aromen von Zigarrentabak, Vanille, Karamell, getrockneten Aprikosen sowie getrockneten Blüten und Kräutern.

Nucleus rubi idaei

G. Miclo Framboise Sauvage Grande Réserve

ef 220 – März 2022

Der akademisierte Titel dieser Kolumne bedeutet übersetzt „Kern der Himbeere“, deren lateinischer Name Rubus idaeus lautet. (Damit habe ich den Rubriknamen „Hochgeistiges“ einmal im zweifachen Wortsinn ausgereizt.)

Es ist nun genau sechs Jahrzehnte her, dass Gilbert Miclo in La Gayire nahe dem kleinen elsässischen Ort Lapoutroie am Fuße der Vogesen seine Brennerei gründete. Als Sohn eines Weinhändlers machte er seine Leidenschaft für Früchte zu einem eigenständigen Beruf – zu seinem und dem seiner Familie, denn mit seinem Enkel Michel leitet inzwischen die dritte Miclo-Generation seit 1962 das Unternehmen.

„Obstbäume sind im Osten Frankreichs weit verbreitet“, erklärt die Internetseite der Destillerie und nennt die „handwerkliche Arbeit, vereint mit einer peinlich genauen Auswahl der Früchte und streng gehüteten Produktionsgeheimnissen“ als Erfolgsfaktoren. Auf dieser Basis erzeugt Miclo Obstbrände, Liköre sowie seit mehreren Jahren auch aromatisierte Wodkas und Whiskys.

Die Vergärung der reifen Früchte dauert durchschnittlich sechs Wochen, danach wird die Maische zweifach destilliert. Die fertigen Brände reifen anschließend mehrere Monate oder sogar Jahre, um mehr Harmonie und Finesse zu entwickeln. Bei den Destillaten mit der Bezeichnung „Grande Réserve“ beträgt die Reifezeit vier Jahre, und die Framboise Sauvage wird aus wilden Himbeeren höchster Qualität gewonnen; sie hat 43 Volumenprozent Alkohol.

Dieser Brand unterscheidet sich von anderen mir bekannten Himbeerdestillaten, denn sein Duft ist geprägt von getrockneten Pflanzen, Sanddorn und Himbeerkernen. Im Mund offenbart er dann Noten von Waldhimbeeren (tatsächlich den kleinen, wild wachsenden, besonders aromatischen), anderen roten Früchten sowie ätherischen Kräutern (Thymian, Rosmarin) und zeigt sich sehr nachhaltig. Insofern repräsentiert die Framboise Sauvage Grande Réserve nicht die saftigen, reifen Früchte, sondern die Essenz, eben – im doppelten Sinne des Wortes – den Kern der Himbeere.

Finesse und Präsenz

Lhéraud Cognac XO

ef 221 – April 2022

Von Armagnac war an dieser Stelle schon oft zu lesen – von seinem „Bruder“ Cognac dagegen eher selten, obwohl dieser sogar allgemein bekannter ist. Gemeinsam ist beiden Weinbränden, dass sie aus dem Südwesten Frankreichs stammen und im Wesentlichen aus den Rebsorten Ugni Blanc, Colombard und Folle Blanche erzeugt werden. Die maßgeblichen Unterschiede liegen im (jeweils herkunftsgeschützten) geografischen Gebiet sowie im Brennverfahren, denn Armagnac wird einfach, Cognac dagegen zweifach destilliert.

Die Familie Lhéraud residiert auf einem Anwesen namens Lasdoux, nahe der Gemeinde Angeac in der Charente, der Heimatregion des Cognacs. 1680 pflanzte Alexandre Lhéraud die ersten Rebstöcke in seinem Garten, seine Nachkommen setzten den Weinbau und später auch das Brennen fort – Laurent Lhéraud, Sohn von Guy und Andrée, vertritt die achte, seine Kinder Jean-Charles und Anne-Sophie sind die neunte Generation.

Die Trauben von 85 Hektar eigener Rebfläche wachsen auf kalkhaltigem Boden und werden zu einem trockenen, säurebetonten Weißwein gekeltert. Von diesem destilliert Lhéraud gewissermaßen drei Entstehungsstufen: neben dem klaren Wein auch eine Charge mit Trester und eine mit der Feinhefe. Diese drei Destillate werden anschließend miteinander vermählt, bevor der Brand mindestens drei Jahre in Fässern aus Limousin-Eichenholz reift, die in den Kellern aus regionstypischem hellem Stein lagern.

Der XO hat über 20 Jahre Fassreifung hinter sich. Er zeigt die charakteristische Finesse, wie sie nur Cognac hat, und für seinen Alkoholwert von 40 Volumenprozent eine bemerkenswert starke Präsenz. Der Duft offenbart Aromen von Blüten, Vanille, Mirabellen, Zitrusfrüchten, Birnen und etwas hellem Tabak. Im Mund präsentiert sich der Weinbrand tiefgründig, durchaus kraftvoll und nachhaltig mit Noten von Karamell, gerösteten Nüssen und kandierten gelben Früchten, getrocknet-pflanzlichen Tönen, Anklängen an getrocknete Pflaumen und Feigen sowie einem mineralischen Fundament.

Kind der Küste

Oban 14 years

ef 222 – Mai 2022

Wenn man sich im weiten Internet Whiskybeschreibungen durchliest, stößt man mitunter auf ebenso kuriose wie treffende Formulierungen. Dem Oban 14 years wird an einer Stelle das Attribut „Meditationsdestillat“ verliehen, an anderer Stelle sagt man ihm nach, er „liegt nicht nur geographisch zwischen der Speyside und Islay, sondern auch geschmacklich mittendrin“.

Diese Aussage stimmt dann, wenn man eine Achse anlegt, die von Nordosten nach Südwesten reicht. Tatsächlich liegt die Brennerei direkt an der schottischen Westküste, nach eigenen Angaben 208 Schritte vom Meer entfernt. Gegründet wurde sie 1794 von den Brüdern John und Hugh Stevenson, deren Familie bereits in der Gegend Boote gebaut, Schiefer gefördert und Bier gebraut hatte. Um die Destillerie herum wuchs allmählich die kleine Hafenstadt, die denselben Namen trägt – was dazu führte, dass Oban eine der kleinsten Brennereien Schottlands ist, da sie nicht mehr expandieren konnte. Drei Generationen blieb sie im Besitz der Familie Stevenson und ging danach durch mehrere Hände, bis sie schließlich infolge diverser Unternehmenszusammenschlüsse Teil des Spirituosenkonzerns Diageo wurde.

Das Wasser für die Whiskyproduktion stammt aus dem nahegelegenen Loch Glenn a’Bhearraidh, das leicht getorfte Gerstenmalz wird seit der Schließung der eigenen Mälzerei von der Speyside angeliefert. Destilliert wird in zwei Brennblasen mit beheizten Kühlschleifen, die außerhalb des Gebäudes liegen. Was widersinnig klingt, sorgt dafür, dass der Brand sehr langsam kondensiert und dadurch besonders fein wird.

Der 14 Jahre alte Single Malt reift dann in ehemaligen Bourbon- und Sherry-Fässern und wird mit 43 Volumenprozent Alkohol abgefüllt. Er duftet fein rauchig nach hellem Tabak mit vegetabilen und gelbfruchtigen Noten. Im Mund zeigt er sich zart süßlich und wirklich sehr fein mit Aromen von getrockneten roten Beeren und Pflaumen, Zigarrentabak und dunklem Karamell sowie einem angenehmen Schmelz, bevor er langsam am Gaumen verblasst.

Zum Besten berufen

Louis Roque La Vieille Prune Réserve L.O.R

ef 223 – Juni 2022

Vieille Prune ist eine Spezialität, die es in mehreren Regionen Frankreichs und der Schweiz gibt. Dass das Haus Louis Roque sich ganz diesem im Holzfass gereiften (daher „alt“ genannten) Pflaumenbrand verschrieben hat, lässt sich schon daran ablesen, dass sich die Destillerie im Internet selbstbewusst unter der Adresse www.lavieilleprune.com finden lässt.

Geografisch ist sie in der südwestfranzösischen Kleinstadt Souillac beheimatet. Hier, in der Kulturlandschaft des Quercy im Nordwesten der Region Okzitanien, gründete Louis Roque 1905 in einem ehemaligen Nonnenkloster seine eigene Brennerei. Bereits sein Vater und Großvater waren seit 1835 Destillateure gewesen, und Louis spezialisierte sich auf das Brennen von Pflaumen, die er von Bauern aus der Region erhielt.

Nach seinem Tod 1946 übernahm eine seiner Töchter, verheiratete Comtesse Duffour de Raymond, die Leitung der Destillerie und übergab diese erst 1992 – zwei Jahre, bevor sie selbst verstarb – an ihren Neffen André Bizac. Dieser Enkel des Unternehmensgründers verkörpert somit die fünfte Brennergeneration in Folge, und inzwischen produziert das Haus Louis Roque auch andere Obstbrände sowie Nussdestillate, Liköre, Aperitifs und eingelegte Früchte.

La Vieille Prune Réserve L.O.R (mit Artikel, bitte!) wird aus etwa zehn Sorten roter, gelber und grüner Pflaumen gewonnen, die zusammen eingemaischt werden. Nach zweifacher Destillation in kupfernen Brennblasen reift der Brand mindestens zwei oder drei Jahre in 400-Liter-Eichenholzfässern und wird mit 42 Volumenprozent Alkohol abgefüllt – von Hand, ebenso wie das Etikettieren und Versiegeln der Flaschen von Hand erfolgt. Die Réserve duftet nach frischen und gebackenen Pflaumen, Mirabellen, Feigen und Früchtebrot sowie teils kandierten, teils gerösteten Walnüssen und Ahornsirup. Im Mund präsentiert sie sich vielschichtig und fein mit Aromen von getrockneten Pflaumen und etwas Aprikosen, Zimt, Tabak, Vanille und gerösteten Nüssen sowie Schmelz und Finesse. Meisterhaft!

Universum einer Frucht

Hubert Grallet Mirabelle de Rozelieures

ef 224 – Juli 2022

Wer wissen möchte, wie eine idealtypische Mirabelle schmeckt, aber gerade keine zur Hand hat, sollte sich die viel schwerer zu beschaffende und um ein Vielfaches teurere Mirabelle de Rozelieures besorgen. (Achten Sie bitte in dieser Kolumne auf ironische Einsprengsel.) Im Ernst: Dieser Brand verleiht der Frucht sogar neue Dimensionen.

Die Familie Grallet hat sich (fast) ganz der Mirabelle verschrieben: 1895 pflanzte Michel Grallet im lothringischen Dorf Rozelieures die ersten Mirabellenbäume an, sein Sohn Jean richtete eine Brennerei ein. 1973 übernahmen Nachfahre Hubert Grallet und seine Frau Anne-Marie das Familienunternehmen und entwickelten es zusammen mit ihrer Tochter Sabine und deren Mann Christophe Dupic weiter: 2002 entstand „La Maison de la Mirabelle“, das Haus der Mirabelle, das heute von 30 Hektar Obstgärten – davon 25 Hektar nur Mirabellen – neben Spirituosen (von Obstbrand und Likör bis zu Gin, Wodka und Whisky) auch Kosmetikprodukte (Parfums, Öle) sowie eingemachte Früchte erzeugt.

Die Mirabelle de Rozelieures trägt die geschützte Herkunftsbezeichnung Vieille Mirabelle de Lorraine und wird zweifach destilliert. Die Nase erlebt Mirabelle integral: reintönig, fein, voll und tief. Im Mund wird die Frucht, um es bildhaft zu sagen, sensorisch von vorne nach hinten und von hinten nach vorne durchbuchstabiert, und jeder einzelne Buchstabe erhält ein Ausrufezeichen: Der gesamte Lebenszyklus von der Blüte über die reife Frucht bis zum Kern ist hier eingefangen und konzentriert, sehr fein und nachhaltig, intensiv und lang – Finesse verschmilzt mit Persistenz. Grallets Mirabelle de Rozelieures ist ein Destillat im wahrsten Sinne des Wortes, denn beim Destillieren geht es ums Verdichten und Verfeinern; auch die 45 Volumenprozent Alkohol sind nur Geschmack.

Dieser klare Mirabellenbrand ist ein Spirituosenerlebnis, wie ich es kaum je hatte – so fein und so intensiv zugleich. Das ist ganz große Brennkunst, und die Qualität der verwendeten Früchte war exzellent.

In Kaskade gereift

Torres 15 Reserva Privada Solera

ef 225 – August/September 2022

Der Name Torres steht seit etlichen Jahrzehnten für spanische Spitzenweine. Bereits 1559 erzeugte die Familie Wein, und 1870 gründeten die Brüder Jaime und Miguel Torres Vendrell im katalanischen Vilafranca del Penedès das Weingut und Exporthaus Familia Torres. Miguels Sohn Juan Torres Casals begann 1928, Wein zu destillieren und den Brand in Holzfässern auszubauen. Im Spanischen Bürgerkrieg wurde der Betrieb zerstört und anschließend von Juans Sohn Miguel Torres Carbó wieder aufgebaut. Dessen Sohn Miguel Agustín Torres Riera trieb als einer der Qualitäts- und Nachhaltigkeitspioniere des spanischen Weinbaus die Weiterentwicklung des Unternehmens entscheidend voran, und seit 2012 steht mit Miguel und Mireia Torres Maczassek die fünfte Generation in der Verantwortung.

Der Torres 15 Reserva Privada Solera ist ein Weinbrand aus Traubensorten, die im Penedès heimisch sind (Xarel·lo, Ugni Blanc, Macabeo und Parellada). Er wurde zweifach destilliert und reifte 15 Jahre in 300-Liter-Fässern aus amerikanischer Weißeiche – im Solera-Verfahren. Dabei werden die Fässer übereinander gestapelt; die Fassreihe am Boden heißt „solera“, alle darüber liegenden Fässer bilden die „criadera“. Abgefüllt wird der Brandy ausschließlich aus der untersten Fassreihe, die entnommene Menge wird dann aus dem Fass darüber aufgefüllt und das über sämtliche Criadera-Stufen fortgesetzt. Das oberste Fass wird schließlich mit neuem Weinbrand befüllt. Auf diese Weise werden alle Jahrgänge kontinuierlich miteinander vermischt.

Mit 40 Volumenprozent Alkohol leuchtet der Torres 15 mahagonifarben im Glas und offenbart einen tiefgründigen, vielschichtigen und feinen Duft nach konzentriertem Pflaumenmus, getrockneten Feigen, dunklem Zigarrentabak, Rosinen und Bourbon-Vanillemark sowie zart rauchige Anklänge. Im Mund zeigt er sich sehr fein, kraftvoll und nachhaltig mit Aromen von dunklem Karamell, Tabak, gerösteten Nüssen, etwas getrockneten dunklen Beeren, Bitterschokolade im Kern und anhaltendem Schmelz.

Liaison der Seenationen

The London No. 1 Sherry Cask Gin

ef 226 – Oktober 2022

Sherry hat in Großbritannien eine lange Tradition, denn es waren englische Handelshäuser, die den fortifizierten Weißwein aus dem andalusischen Jerez de la Frontera im 18. und 19. Jahrhundert in der Welt bekannt machten. Gin hat in Großbritannien ebenfalls eine lange Tradition, denn der Wacholderschnaps fand bereits im 17. Jahrhundert seinen Weg von den Niederlanden in die englische Hauptstadt.

Um beide Getränke zumindest mittelbar zusammenzuführen, kommt an dieser Stelle die spanische Weinbaufamilie González Byass ins Spiel. Deren Geschichte begann 1835 mit Manuel María González Ángel, der in Jerez einen Weinvertrieb mit eigener Produktion aufbaute. Rund 20 Jahre später schloss er sich mit Robert Blake Byass, dem Vertreter seiner Firma in England, zusammen. Inzwischen gehören zum Unternehmen zehn Wein- und sieben Spirituosenmarken, und die fünfte Familiengeneration setzt heute einen starken Akzent auf Nachhaltigkeit.

Eine der Marken von González Byass ist The London No. 1 mit dem Blue Gin und dem Sherry Cask Gin. Der Blue Gin wird tatsächlich in London hergestellt und entsteht aus zwölf Botanicals: Wacholder, Bergamotte, Orange, Zitrone, Gardenie, Koriander, Bohnenkraut, Angelikawurzel, Lilienwurzel, Zimtkassie, Süßholz und Mandel. Er wird in kupfernen Brennblasen destilliert – und ein Teil des Destillats reift danach drei Monate in Holzfässern, in denen zuvor mindestens zehn Jahre lang der Fino-Sherry Tío Pepe lagerte.

Der Original Blue Gin wartet mit 47 Volumenprozent Alkohol auf und duftet nach Wacholderbeeren, Zitrusfrüchten, Gras und Kräutern. Im Mund kommen stärker die Wurzeln zur Geltung: erdig-würzige Töne sowie Noten von gerösteten Kakao- und Kaffeebohnen.

Der Sherry Cask Gin hat 43 Volumenprozent Alkohol und zeigt im Duft gelbe und weiße Früchte (Birne, Ananas, Litschi), dazu florale und pflanzliche Komponenten; im Mund präsentiert er sich fein mit Wacholderaromen, rot- und gelbfruchtigen Anklängen sowie etwas Schokolade im Hintergrund.

Eine Schönheit

Château de Laubade Bas-Armagnac 6 ans

ef 227 – November 2022

In Marseille, wenige Schritte vom alten Hafen entfernt, betreiben Michel Giuliani und Stéphanie Luer in einer Seitengasse das Restaurant „La Table du Fort“ – mit exzellenter Küche, einer kleinen, feinen, regional geprägten Weinauswahl und ebenso ausgesuchten Digestifs. Hier lernte ich den Armagnac von Château de Laubade kennen.

Das Schloss in der Gemeinde Sorbets wurde 1870 erbaut. Als eigentlicher Gründer des Hauses gilt jedoch der französische Staatsmann Joseph Noulens, der das Anwesen 1902 erwarb und ihm zusammen mit seiner zweiten Frau, der Modeschöpferin Jeanne Paquin, zu Glanz verhalf. 1974 wurde Maurice Lesgourgues, dessen Familie bereits seit mehreren Generationen Armagnac produzierte, Eigentümer von Château de Laubade. Nach seinem Sohn Jean-Jacques führen seit 1998 seine Enkel Arnaud und Denis Lesgourgues das Unternehmen.

Château de Laubade besitzt rund 105 Hektar Rebfläche, die umweltverträglich bewirtschaftet werden: 600 Schafe weiden in den Weinbergen, Ackerbohnen und Luzernen sorgen für Biodiversität. Das Gut kultiviert alle vier wesentlichen Rebsorten des Armagnac-Gebiets, die hier auf hochwertigen braunen Sandböden wachsen: Ugni Blanc, Baco, Colombard und Folle Blanche. Die daraus gewonnenen weißen Grundweine werden in einer 1974 maßgefertigten Brennblase im kontinuierlichen Verfahren destilliert, anschließend reifen die Brände in 400-Liter-Fässern aus Gascogne-Eichenholz. Mehr als 3000 dieser Fässer, die Château de Laubade ebenfalls selbst herstellt, lagern in insgesamt sieben Kellern.

Aus 15 Einzeldestillaten der vier genannten Rebsorten wird der Bas-Armagnac 6 ans kreiert, wobei der jüngste Brand sechs Jahre alt ist. 40 Volumenprozent Alkohol hat das fertige Erzeugnis, das animierend nach Nougat, getrockneten Aprikosen, Orangen und Feigen, Pflaumenmus, Vanille und Tabak duftet. Im Mund ist der Armagnac fein, weich und lang mit Aromen von eingemachten Aprikosen und Bitterorangen, Kakao und Zimt sowie Anklängen an Lavendelblütenhonig.

Herbstlicher Genuss

Glenmorangie Extremely Rare 18 years

ef 228 – Dezember 2022

Die Kleinstadt Tain liegt an der schottischen Ostküste, am Südufer des Dornoch Firth, eines Meeresarms der Nordsee. Nordwestlich von ihr befindet sich die Destillerie Glenmorangie. Ihr Name – betont auf der zweiten Silbe – bedeutet aus dem Gälischen übersetzt „Tal der Stille“.

Alkohol wurde in dieser Gegend mutmaßlich schon im Mittelalter erzeugt. Für die Morangie Farm – wie der Standort der Brennerei früher hieß – reichen Belege bis 1703 zurück. Damals war das Brennen allerdings noch illegal. 1738 entstand hier eine Brauerei, die 1843 samt Landgut in den Besitz von William Matheson kam. Er stellte die Produktion von Bier auf Whisky um und gründete so die Glenmorangie Distillery. 1918 erwarb die Familie MacDonald die Brennerei, seit 2004 gehört sie zum Luxusgüterkonzern LVMH.

Glenmorangie verwendet ausschließlich schottische Gerste, das Wasser kommt aus der nahegelegenen Quelle Tarlogie Springs. Die zwölf Brennblasen der Destillerie sind mit je acht Metern die höchsten in Schottland. Die Scotch Whiskys reifen in Fässern aus amerikanischer Weißeiche, in denen vorher vier Jahre lang Bourbon Whiskey lagerte; die Bäume dafür kommen aus einem unternehmenseigenen Wald in Missouri. 

Der Glenmorangie Extremely Rare 18 years reift zunächst 15 Jahre in diesen ehemaligen Bourbon-Fässern. Danach wird etwa ein Drittel für drei Jahre in ehemalige Oloroso-Sherry-Fässer gelegt. Anschließend werden die Brände wieder miteinander vermählt. Der fertige Whisky mit 43 Volumenprozent Alkohol duftet nach getrockneten Orangen, Aprikosen und Feigen sowie Vanille, Tabak, etwas Nelken und Zimt. Im Mund präsentiert er sich weich, warm und nachhaltig mit feinen, an Mokka erinnernden Röstnoten, würzigen Tönen von Nelken, Wacholder und Zimt, Aromen von teils eingemachten, teils getrockneten gelben Pflaumen und Aprikosen sowie Noten von dunkler Schokolade; im Nachhall zeigt sich dunkles Karamell.

Glenmorangie empfiehlt diesen Whisky für „die letzten Stunden eines perfekten Herbsttages“. Ich auch.