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Die drei magischen Buchstaben der Weinwelt: DRC – Domaine de la Romanée-Conti. Die Domaine „wird als berühmtestes Weingut in Burgund und eines der besten Weingüter der Erde betrachtet“, definiert Wikipedia; die Weine zählen zu den teuersten der Welt. Nein, ich habe leider noch keinen davon je verkostet, doch 2016 berichteten gleich zwei deutsche Weinmagazine über das Kultweingut: Chefredakteur Sascha Speicher in Meiningers Sommelier (Ausgabe 03/2016) und Jens Priewe im Feinschmecker (Ausgabe 12/2016).

Die beiden renommierten Fachjournalisten hatten die Ehre, von Aubert de Villaine empfangen zu werden, der die Domaine seit 1974 führt. Er ist Mitinhaber des Guts und wird im Februar dieses Jahres 78 Jahre alt. Zwei aktuelle Berichte aus erster Hand – ich will in diesem Blogbeitrag untersuchen, wie die beiden professionellen Weinschreiber sich dem Mythos DRC annähern, wie sie versuchen, das Geheimnis der Weine zu ergründen und welche Argumente sie gefunden haben, um die außergewöhnliche Qualität zu erklären. Insofern ist dies eine Art vergleichender Textanalyse – doch weniger sprachlicher als inhaltlicher Natur.

Qualitätsfaktoren laut Wikipedia

Wikipedia liefert bereits eine Erklärung für die Weinqualität: „Die Qualität der Weine der DRC entsteht aus dem hohen Alter der Rebstöcke, sehr hoher Pflanzdichte mit 10.000 Stöcken/ha, rigoroser Grünernte im Sommer, Selektion und strenger Kontrolle des Lesegutes. Der Ertrag des Gutes beträgt durchschnittlich nur 25 Hektoliter pro Hektar, weit unterhalb der gesetzlich festgelegten 35 Hektoliter pro Hektar. Alle Weinbergsflächen werden nach biodynamischen Grundsätzen bewirtschaftet.“ Dies sind die Faktoren, die die Qualität im Weinberg beeinflussen.

Auch zu den Qualitätsfaktoren im Keller äußert sich die Internet-Enzyklopädie: „Die Gärung findet in offenen alten Holzbottichen (Cuves) statt. Der Romanée-Conti wird ausschließlich in der Cuve Nr. 17, einem Bottich aus dem Jahr 1862 vergoren, da Versuche mit Edelstahltanks keine qualitativen Verbesserungen erzielt hatten. Seit 1975 wird jeder Jahrgang ausschließlich in neuen 228-Liter-Fässern (Pièces) aus feinporiger Tronçais-Eiche ausgebaut. Das Fass-Holz beschafft sich die Domaine aus den Wäldern des Tronçais selbst und lässt die Fässer in der Küferei nach speziellen Vorgaben anfertigen.“

Der Titel

Titelseite des DRC-Artikels im "Feinschmecker"Bereits im Titel ihres jeweiligen Artikels erweisen die beiden Autoren der Institution DRC ihre Reverenz: Sascha Speicher überschreibt seine Reportage in Meiningers Sommelier beinahe lakonisch mit „Die Legende“ – mehr muss man eigentlich auch nicht sagen. Jens Priewes Feinschmecker-Reportage heißt schmuckvoller: „Das himmlische Erbe der Mönche: Domaine de la Romanée-Conti“. Das nimmt bereits Bezug auf die geschichtlichen Anfänge, denn das Weingut geht zurück auf das um 900 gegründete Kloster Saint-Vivant; die ersten Weinberge wurden im 12. Jahrhundert angelegt. Mitte des 13. Jahrhunderts entstand der Weinberg „Cros des Cloux“, der Mitte des 17. Jahrhunderts erstmals als „Romanée“ bezeichnet wurde und Ende des 18. Jahrhunderts – bezugnehmend auf den Prinzen von Conti als damaligen Eigentümer – den Namen „Romanée-Conti“ erhielt. Nach dieser Spitzenlage wurde dann auch das Weingut benannt. Die Familie de Villaine erbte den Betrieb Ende des 19. Jahrhunderts, seit 1942 besitzt die befreundete Familie Leroy die Hälfte der Anteile.

Von außen unscheinbar

Sowohl Sascha Speicher als auch Jens Priewe weisen zu Beginn ihrer Artikel (Priewe im ersten, Speicher im dritten Absatz) auf den eher bescheidenen Außenauftritt des so hoch angesehenen Weinguts hin. „Vornehm wirkt hier nur der weiße Kies auf dem Hof. Alles andere ist schlicht: das alte Gebäude mit dem Satteldach, die geflickte Mauer, das eiserne Tor. Man hat schon weit weniger berühmte Weingüter gesehen, die einen prächtigeren Auftritt haben als die Domaine de la Romanée-Conti“, schreibt Priewe. Speicher empfindet Ähnliches: „‚Société civile du Domaine de la Romanée-Conti‘ steht auf den schlichten Klingelschild am Eingang des Firmensitzes in Vosne-Romanée, als handele es sich um ein Steuerberatungsbüro oder eine Arztpraxis.“

Begegnung mit dem Hausherrn

Bild von Aubert de Villaine im "Feinschmecker"Dann treffen die beiden Journalisten den Herrn des Hauses. „Aubert de Villaine ist ein hoch gewachsener Herr mit aristokratisch-ernstem Gesichtsausdruck; ein paar Falten um Mund und Augen zeigen, dass er im Leben auch Anlass zum Lachen gehabt hat“, formuliert Priewe. Speicher schreibt: „Aubert de Villaine sieht man sein Alter nicht an. Wache Augen, ein fast leichtfüßiger Schritt, sein Händedruck ist erstaunlich fest, angesichts seiner schlanken, drahtigen Figur.“ Priewe hebt auch noch einmal die Besonderheit des Treffens hervor: „Noch immer ist der Seniorchef ein vielbeschäftigter Mann; ich habe fast zwei Jahre auf einen Termin bei ihm gewartet.“

Lagen und Preise

Die Domaine de la Romanée-Conti verfügt über rund 28 Hektar Weinberge in neun Grands Crus, und Sascha Speicher führt die Rebflächen detailliert mit Hektarangaben auf: Romanée-Conti (1,81 ha) und La Tâche (6,06 ha) – beide Monopollagen des Guts –, Romanée-Saint-Vivant (5,29 ha), Richebourg (3,51 ha), Échezeaux (4,67 ha), Grands-Échezeaux (3,53 ha), Corton (2,27 ha), Le Montrachet (0,68 ha) und Bâtard-Montrachet (0,13 ha). Die beiden letzteren sind Weißweinlagen (Chardonnay), die übrigen Rotweinlagen (Pinot Noir). Jens Priewe vermittelt eine Vorstellung davon, was die Weine kosten: „Der Échezeaux, der günstigste Grand Cru, wird von Händlern für über 600 Euro pro Flasche angeboten – jüngster Jahrgang. Der teuerste, der Romanée-Conti, ist nicht unter 10.000 Euro zu haben; große Jahrgänge wie 2005 kosten sogar 20.000“ – wiederum pro Flasche, wohlgemerkt.

Das mag man irrational finden, und das ist es meiner Ansicht nach auch, doch genau deshalb ist Priewes im Text explizit gestellte Frage so berechtigt: „Ich will wissen, was die Domaine anders macht, um so überragende Weine zu erzeugen.“ Ein erster Versuch einer Antwort: Sascha Speicher verweist in seinem Artikel zweimal auf das „Gleichgewicht im Weinberg“ bzw. die „Balance im Weinberg“; diese Ausgewogenheit übertrage sich auch auf die Weine. Die beiden Autoren arbeiten mehrere Faktoren heraus, die die Qualität der DRC-Weine beeinflussen und die sich weitestgehend mit den auch bei Wikipedia genannten decken. Alle diese Faktoren sind interdependent und wirken im komplexen Zusammenspiel.

Faktor 1: Das Terroir

Aubert und Bertrand de Villaine, Foto in "Meiningers Sommelier"„‚Die Weinberge machen den Unterschied aus‘“, zitiert Priewe Aubert de Villaine und lässt den Hausherrn fortfahren: „‚Der Mensch kann die Qualität des Weins beeinflussen, aber die Größe des Weins bestimmt allein die Natur. […] Alle Weinberge der Côte d’Or zeigen nach Osten, Pinot noir braucht Morgensonne. Wären die Hänge das Westen ausgerichtet, wüchse dort nur ein gewöhnlicher Wein, egal, wie sehr die Menschen sich anstrengten.‘“ Und Priewe forscht nach, warum die Spitzenlage Romanée-Conti „so anders ist als als die übrigen Grands Crus, die ganz in der Nähe gewachsen sind“: „‚Der Weinberg neigt sich leicht nach Süden‘, erklärt Aubert de Villaine, ‚daher ist er ein wenig wärmer.‘“ Speicher hat von de Villaine auf „die Frage, was das Geheimnis dieser auf den ersten Blick unspektakulären Hangfuß-Lage sei“, noch mehr erfahren, wenngleich sich der DRC-Chef bescheiden gibt: „‚Das sind keine großen Dinge: eine gute Drainage, eine ideale Mächtigkeit der Bodenauflage, nicht zuviel und nicht zuwenig, darunter der Kalkstein mit Haarrissen, die es den Wurzeln ermöglichen, in den Fels einzudringen.‘“

Faktor 2: Die Reben

Sowohl Priewe als auch Speicher gehen auf die Rebstöcke in den Weinbergen der Domaine als Qualitätsfaktor ein. „‚Als wir nach der Reblauskatastrophe die Weinberge neu anlegten, haben wir unsere alten Reiser veredelt und neu gepflanzt. Das heißt: In den meisten unserer Rebstöcke leben die alten Gene weiter‘“, gibt Priewe de Villaines Erklärung wieder, fügt aber auch dessen Relativierung an: „‚Das machten andere Winzer genauso.‘“ Speicher betrachtet die Gegenwart: „Wenn Parzellen erneuert werden müssen, dann selbstverständlich nur aus dem eigenen, von einer Rebschule weiterveredelten Rebmaterial, das wiederum aus einem guten Mix verschiedener Klone besteht. Doch solche Neuanpflanzungen werden möglichst lange hinausgeschoben. ‚Natürlich sind alte Reben wichtig für uns. Darum ersetzen wir in 40, 50 oder 60 Jahre alten Anlagen lieber erst einmal einzelne Stöcke, bevor wir wirklich die ganze Parzelle ausreißen und erneuern‘, erklärt Aubert de Villaine.“

Faktor 3: Die Pflanzdichte

Bilder zum DRC-Artikel in "Meiningers Sommelier"Speicher erwähnt als Qualitätsfaktor der DRC-Weine auch „die Stockdichte, die bei Romanée-Conti normalerweise bei 11.000 Stöcken pro Hektar liegt. Stockabstand 1 Meter mal 90 Zentimeter.“ Diese Pflanzdichte sei auch nach Experimenten mit geringeren Abständen beibehalten worden, denn bei höherer Dichte lasse sich Aubert de Villaine zufolge „‚kein wirkliches Gleichgewicht im Weinberg erzielen‘“. 

Faktor 4: Biodynamische Bewirtschaftung

Ein ganz entscheidender und umfassender Qualitätsfaktor ist die biologisch-dynamische Bewirtschaftung der Weinberge – das wird in den beiden Artikeln deutlich, allein durch den Textumfang, den das Thema einnimmt. Nach ersten Versuchen ab 1988 arbeitet die DRC seit 2007 komplett nach biodynamischen Prinzipien; bereits ab Mitte der 1980er Jahre wurden die Rebflächen biologisch-organisch bewirtschaftet. Sascha Speicher beschriebt die Auswirkungen der Biodynamie auf die Natur: „Die Böden der Weinberge sehen gesund und energievoll aus. Ein Eindruck, der schwer zu erklären ist: Die Erde ist locker, die hellen Kalksteine harmonisch durchmischt mit dem rotbraunen Tonboden.“ Er lässt Aubert de Villaine zu Wort kommen: „‚Die Biodynamie […] wirkt wie eine Frischzellenkur für die alten Rebstöcke.‘“

Jens Priewe skizziert anhand eines Beispiels, was biodynamische Bewirtschaftung bedeutet: „2016 war ein schwieriges Jahr. Es regnete zu oft, Mehltau breitete sich aus. […] ‚Und das, obwohl wir viel gespritzt haben – Tees, Milch, Kräuterbrühe und später, als der Schadensdruck immer größer wurde, auch Kupfer und Schwefel.‘ Andere Schädlingsbekämpfung ist für die Domaine tabu.“ Speicher zitiert Aubert de Villaine noch mit einem weiteren Aspekt: „‚Wir füllen die Weine ausschließlich bei abnehmendem und absteigendem Mond und bei Hochdruckwetterlage. Das kann im Januar 2017 der Fall sein, es kann aber auch April werden.‘“

Faktor 5: Der Lesezeitpunkt

Bilder zum DRC-Artikel im "Feinschmecker"„Heute wird auf Romanée-Conti im Schnitt drei Wochen früher geerntet als in den 70er-Jahren“, führt Speicher aus und zitiert wiederum Aubert de Villaine: „‚Das liegt aber nicht allein am Klimawandel. Ich würde mal schätzen, zwei Wochen sind auf den Klimawandel zurückzuführen, eine Woche kommt durch die verbesserte Bewirtschaftung der Weinberge. Dadurch sind auch die Erträge leicht zurückgegangen, was zu einer früheren Reife führt. Dank der biodynamischen Bewirtschaftung haben wir dennoch eine ideale Balance in den Weinbergen. […] Wein hat die phantastische Fähigkeit, die letzten Prozent Reife in der Flasche nachzuholen, wenn die Trauben bei der Ernte noch nicht zu 100 Prozent die phenolische Reife erreicht hatten. Wir versuchen immer, perfekt reife Trauben zu ernten, aber auf gar keinen Fall überreife. Ganz leicht grüne Komponenten heben die Spannung, geben Frische.‘“ Diese Eigenschaften – Spannung und Frische – bestätigt Speicher später auch den Fassproben des Jahrgangs 2015.

Faktor 6: Ertragsreduzierung und Traubenselektion

Je geringer die Erntemenge und je gesünder das Lesegut, desto besser der Wein. Diesen allgemeingültigen Grundsatz für die Weinherstellung bekräftigt Jens Priewe auch für die DRC, zum ersten Punkt wiederum mit einem Zitat von Aubert de Villaine: „‚Ohne Mengenbegrenzung lässt sich nirgends ein guter Pinot noir erzeugen.‘“ Und zum zweiten Punkt: „Jede unreife oder faule Beere wird mit der Schere entfernt.“

Faktor 7: Die Vinifikation

Text über das Engagement von Aubert de Villaine für die Rebsorte Aligoté in "Meiningers Sommelier"Priewe spricht auch die Kellerarbeit als Qualitätsfaktor an. Diese erfolge laut Aubert de Villaine „‚sorgfältig und ohne Tricks.‘ […] Die Maische vergärt ein paar Tage in offenen Holzbottichen. ‚Spontan‘, fügt de Villaine hinzu – also nur mit natürlichen Hefen. Und: ‚In guten Jahren vergären wir einen Teil der Stiele mit.‘“ Sascha Speicher liefert ein konkretes Beispiel für die Sorgfalt im Weinkeller, die sich bis zur Abfüllung fortsetzt: „Seit dem Jahrgang 2012 verhindert eine hauchdünne Bienenwachsschicht auf dem Korken den direkten Kontakt mit der Metallkapsel und soll so vor bakteriellen Infektionen schützen. Die Fassdauben rund um das Spundloch werden ebenfalls mit Bienenwachs bestrichen. Das hilft, den Bereich rund um die Fassöffnung hygienisch sauber halten zu können.“

Faktor 8: Die Reifezeit

Schließlich wendet sich Speicher der Trinkreife der DRC-Gewächse zu: „Was ist das ideale Alter des Weins, um die Flasche zu öffnen? Aubert de Villaine überlegt und antwortet: ‚Ein sicheres Zeitfenster für einen Grand Cru von der Côte de Nuits ist ein Alter von rund 15 Jahren. Also 1997 zum Beispiel, oder 2000. Die sind jetzt voll auf der Höhe. Aber die Weine können auch in der Jugend schon großen Spaß machen. Sie sind offen und zeigen sich voller Kraft, ehe sich sich dann für einige Jahre verschließen.‘“

Der Markt für DRC-Weine

Titelseite des DRC-Artikels in "Meiningers Sommelier"Sowohl Speicher als auch Priewe behandeln ausführlich auch wirtschaftliche und unternehmenspolitische Aspekte, die mit der DRC verknüpft sind. Priewe legt dar: „Insgesamt produziert die Domaine maximal 90.000 Flaschen. Um die kämpfen Weintrinker in der ganzen Welt. Denn die Weine werden nicht verkauft. Sie werden zugeteilt, und zwar nach strengen Regeln, wobei Geld nicht den Ausschlag gibt.“ Er zitiert erneut Aubert de Villaine: „‚Unser größtes Problem […] ist die weltweit steigende Nachfrage nach unseren Weinen. […] Die Preise steigen ins Utopische. […] Die Weine verlassen unseren Keller zu einem Bruchteil des Preises, und unsere Händler sind gehalten, die Margen gering zu halten.‘ Außerdem müssen sie eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, die Flaschen bloß an Kenner und ausgesuchte Restaurants weiterzugeben, nicht an Wiederverkäufer. Die Kunden müssen ihrerseits geloben, den Wein nur selbst zu trinken oder zu lagern. Doch die Versuchung ist groß: ‚Der Markt zahlt das Vier- bis Fünffache.‘ Der Markt, das sind Händler, die Flaschen aufkaufen. Ihre Kunden sind russische Oligarchen, texanische Ölmillionäre, chinesische Parvenüs, Londoner Hedgefonds-Manager, auch viele Protzdeutsche. ‚Etikettentrinker‘, sagt Aubert de Villaine abschätzig. Außerdem sind die hohen Preise ein Anreiz für Betrüger: ‚Über allen DRC-Flaschen, die auf Auktionen oder von Raritätenhändlern angeboten werden, schwebt heute ein Fälschungsverdacht.‘“

Speicher formuliert: „Die Kunden in der ganzen Welt warten geduldig und fast demütig auf ihre Zuteilung. Doch Vertriebspartner des berühmtesten Weinguts der Welt zu sein, hat auch seine Tücken. Was im ersten Moment erscheint wie ein jährlicher Sechser im Lotto, erweist sich im Tagesgeschäft, bei der Verteilung der Weine auf dem Markt, als hochkompliziert. […] Denn die Vorgaben sind sehr präzise: Spekulation unterbinden und dafür sorgen, dass 80 Prozent an die Spitzengastronomie gehen und dort auch getrunken und nicht ins Ausland weiterverkauft werden. […] Wer in einem Restaurant eine Flasche ordert und darauf hofft, die leere Flasche als Trophäe mit nach Hause nehmen zu dürfen, wird enttäuscht werden. Der Sommelier ist angewiesen, die leeren Flaschen unbrauchbar zu machen, um Fälschungen vorzubeugen. Den Kampf gegen die Plagiate führen die de Villaines mit Entschlossenheit. Alle Flaschen sind mit einem fälschungssicheren Siegel versehen, ähnlich wie Euro-Banknoten. Alle Korken sind mit Jahrgang, dem Namen des Weinguts und den Initialen der Lage versehen.“

Verkostungsnotizen des Jahrgangs 2015

Verkostungsnotiz von Sascha Speicher zum Romanée-Conti 2015Die beiden Autoren durften im Rahmen ihres jeweiligen Besuchs auf der Domaine die Weine des Jahrgangs 2015 aus dem Fass probieren und geben in ihren Artikeln auch ihre sensorischen Eindrücke wieder. Sascha Speicher tut dies sogar in einem eigenen Kasten, der nur die Verkostungsnotizen enthält, und beschreibt die Textur dabei bemerkenswerterweise mit Attributen der Bodenstruktur.

Mich interessiert hier allein die Legende mit dem fünfstelligen Flaschenpreis: der Romanée-Conti. Speicher hebt bei diesem Wein „die Feinheit, Vielschichtigkeit und vor allem die Wahnsinnstextur“ hervor:
„Satte Kirschfrucht, die sich erst im Finale voll entfaltet, floral-pfeffrige Würze, fast schon feminine, samtige Tanninfülle, feine tonige Textur, alles eng verwoben und bei aller Extraktfülle und Stoffigkeit nie schwerfällig, ganz zarte Frische sorgt für maximale Balance“ (wieder das so wichtige Schlüsselwort). Jens Priewe schreibt: „Der rarste, langlebigste, magischste Wein der Domaine, beim ersten Schluck eher unauffällig und schon erschreckend gut trinkbar. Beim zweiten merke ich, wie sehr ich ihn unterschätzt habe: Samtig, weich und süß läuft er über den Gaumen, vollkommen klar und doch geheimnisvoll. ‚Nicht reich, aber ungeheuer komplex‘, sagt der Neffe.“ (Bertrand de Villaine, der designierte Nachfolger von Aubert de Villaine) „Sein Onkel sagt ‚diaphane‘. Das bedeutet ‚transparent‘, wie gotische Kathedralen, durch deren Mauern das Licht zu leuchten scheint.“ Welch ein Bild! 

Das Qualitätsgeheimnis

Was ist also nun das Qualitätsgeheimnis der Weine der Domaine de la Romanée-Conti? Zusammenfassend sage ich, es ist das Zusammenspiel mindestens der folgenden Faktoren:

  • Ausrichtung und Bodenstruktur der Weinberge
  • Alter und genetische Beschaffenheit der Rebstöcke
  • biodynamische Bewirtschaftung der Weinberge
  • Pflanzdichte und Ertragsreduktion
  • Lesezeitpunkt und Reifegrad der Trauben
  • penible Selektion des Leseguts
  • offene Vergärung mit natürlichen Hefen
  • Beschaffenheit der Holzfässer
  • Reifezeit im Keller

Ich hoffe, irgendwann im Leben auch einmal einen Romanée-Conti probieren zu können, und würde liebend gern die Herausforderung annehmen, ihn sensorisch zu beschreiben. Immerhin theoretisch angenähert habe ich mich diesem Phänomen jetzt.