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Zum vierten Mal fand am 25. Januar in der wineBANK Rheingau in Hattenheim „DAS FEST“ statt – die große Präsentation der Rheingauer Mitglieder des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP), organisiert von Dirk Würtz. Allerdings war diesmal manches anders als in den vergangenen beiden Jahren, die ich miterlebt habe.

Logo der wineBANK RheingauZur Skizzierung des organisatorischen Rahmens verweise ich auf meine beiden Blogbeiträge „Eine beispiellose Sause“ (2017) und „Rheingau flussabwärts“ (2016). Die Einladung und die Kommunikation über das Event vollzogen sich ausschließlich über Facebook, und Gastgeber Christian Ress betonte in seiner Begrüßungsrede zu Recht: „Schön ist das Maß der Vorfreude auf die Veranstaltung.“ Die Zahl der geladenen Gäste war in diesem Jahr auf 80 begrenzt, und rund 60 Winzer, Weinhändler, Sommeliers, Weinblogger, Journalisten, Weinkritiker und Fachdozenten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Dänemark kamen in dem stimmungsvollen Kellergewölbe zusammen. Der „Flasche-Gast-Koeffizient“ lag Rest zufolge bei 5,0 – jede und jeder der Anwesenden hätte also fünf Flaschen Wein trinken können.

Der Ablauf war derselbe wie in der Vergangenheit: Ab 18 Uhr gab es eine freie Probe aktueller Großer Gewächse aus den Rheingauer Spitzenlagen, danach folgte ein Flying Dinner, begleitet von zwei Weingängen. Dieses Mal waren jedoch deutlich weniger Weingüter und Weine mit von der Partie, dafür standen drei GG-Jahrgänge zur Verkostung bereit: neun Weine von 2014 (siebenmal Riesling und zweimal Pinot Noir), 16 Weine von 2015 (zwölfmal Riesling und viermal Pinot Noir) und zehn Weine von 2016 (ausnahmslos Riesling). Die beiden Weingänge umfassten jeweils zehn Rieslinge, insgesamt aus Jahrgängen zwischen 2015 und 1986.

Logo "DAS FEST", Blick durch ein WeinglasGegenüber den vergangenen Veranstaltungen war auch die begleitende Broschüre erheblich im Umfang reduziert: Sie bestand aus einer Liste der GGs, einer Liste der Weingänge sowie zwei freien Seiten für Weinnotizen – und das war auch vollkommen ausreichend (zumal für denjenigen, der von einem der vorangegangenen „FESTe“ eine der ausführlichen Broschüren mit Porträts aller Rheingauer GG-Lagen besitzt). Insgesamt war der kleinere Rahmen durchaus angenehm, denn weil weniger los war, hatte man mehr Ruhe und Platz zum Verkosten und mehr Zeit für Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen.

Das Flying Dinner gestaltete sich wie folgt:

  1. Variationen von Handkäs
  2. Zwiebelquicke mit Blutwurstsalsa und Feldsalat
  3. Rosenkohl-Kokos-Suppe
  4. Wildcurrywurst
  5. Coq au Riesling mit Kartoffelstampf
  6. Schokoladencrumble mit Quittenmascarpone

Hervorzuheben sind hier wiederum die exzellente Qualität der Gerichte sowie der omnipräsente und äußerst charmante, hochprofessionelle Service des Catering-Teams von Gabi Würtz.

Im Folgenden stelle ich meine Favoriten aus der GG-Probe und den Weingängen vor, gestaffelt in drei Stufen:

HERAUSRAGEND

  • 2015 Sankt Nikolaus Riesling GG von Kühn2015 Sankt Nikolaus Riesling GG, Kühn – rauchig, tief, mineralisch, jung, lang, markerschütternd, ein Gänsehaut-Wein
  • 2015 Doosberg Riesling GG, Kühn – tief, mineralisch, berührend
  • 2015 Berg Rottland Riesling GG, Ress – tief, strukturiert, vollmundig
  • 2011 Hassel Riesling brut, Barth (Magnum) – erwachsen, erdige Mineralität, Aprikosennoten, dicht, fest
  • 2004 Kiedrich Gräfenberg Riesling Auslese, Weil – extrem fein, Blüten- und Pfirsichnoten, saftig, animierende Säure, feine Süße, mineralisch

BEGEISTERND

  • 2015 Gräfenberg Riesling GG, Weil – vollmundig, elegant
  • 2011 Hassel Riesling brut von Barth2015 Rothenberg Riesling GG, Wegeler – saftig, fein
  • 2014 Rothenberg Riesling GG, Wegeler – Kraft, Saft, Zug
  • 2010 Grünlack Riesling, Schoss Johannisberg – feine süße Frucht, ausgewogen, animierend; sehr gut zur pikanten Wildcurrywurst
  • 1993 Rauenthaler Baiken Riesling Auslese, Kloster Eberbach – feine Süße, ein Hauch Petrol, mineralisch; sehr gut zum Dessert

EMPFEHLENSWERT

  • 2016 Nussbrunnen Riesling GG, Ress – Kraft, Würze, Tiefe
  • 2016 Schlossberg Riesling GG, Schloss Vollrads – Kraft, Saft, Mineralität
  • 2016 Jesuitengarten Riesling GG, Allendorf – Saft, Schmelz
  • 2004 Kiedrich Gräfenberg Riesling Auslese von Weil2015 Hassel Riesling GG, Barth – vollmundig, Schmelz, Frucht
  • 2015 Schlossberg Riesling GG, Schloss Vollrads – straff
  • 2014 Gräfenberg Riesling GG, Weil – ruhig, fein
  • 2014 Doosberg Riesling GG, Kühn – Tiefe, Kraft, Frucht, Schmelz
  • 2011 Sankt Nikolaus Riesling Erstes Gewächs trocken, Kühn – vegetabile und gelbfruchtige Noten, Schmelz, braucht Luft; sehr gut zum Coq au Riesling
  • 2006 Riesling Landgeflecht Unikat trocken, Kühn – Kräuter- und Fenchelnoten, sehr fein, mineralisch, herbe Würze wie ein Orange Wine, mit Luft zunehmend mineralisch, fein und saftig; der faszinierendste Wein des Abends

Die drei beeindruckendsten Weine, deren Produzenten den Titel dieses Blogbeitrags bilden, waren für mich:

  • 2006 Riesling Landgeflecht Unikat trocken von Kühn2015 Sankt Nikolaus Riesling GG, Kühn
  • 2011 Hassel Riesling brut, Barth
  • 2004 Kiedrich Gräfenberg Riesling Auslese, Weil

Weitere Weingüter, die in meinen Favoritenlisten mehrfach erscheinen, sind Ress, Wegeler und Schloss Vollrads – mein Kompliment!

Viel positives Echo gab es nach der Veranstaltung auch von anderen Gästen in der Facebook-Gruppe – zwei Beispiele, die meine eigenen Eindrücke sehr treffend ergänzen (speziell die Aussagen über P.J. Kühn), darf ich zitieren:

Axel Eisenkopf schrieb: „Das #Fest2018 – wieder einmal ein klasse Event mit ganz vielen tollen Leuten, ebensolchen Gesprächen, Erinnerungen, natürlich wunderbaren Weinen und einem wie immer perfekten Catering von Gabi Würtz. Vielen Dank für die Einladung!! An Raritäten wie an GGs aus 2014-2016 gab es wieder wunderbare Tropfen. Konnte nicht alles probieren, aber für mich schossen der St. Nikolaus und Doosberg von PJ Kühn wieder den Vogel ab – Hammer! Aber auch der Hassel von Mark [Barth] war richtig klasse. Super entwickelt! Zu viele, um alle einzeln zu beschreiben. An Sekten konnte ich nur den Rothenberg von Wegeler probieren aber der war natürlich grandios. In Summe immer wieder schön zu sehen, welch fantastische Weine wir im Rheingau haben und was sich da alles entwickelt!“

1993 Rauenthaler Baiken Riesling Auslese von Kloster EberbachUnd Thorsten Kogge führte aus: „Ich schließe mich natürlich vorbehaltlos den lobenden Worten meiner Vorredner an: #dasfest2018 war klasse, wie immer sehr gut organisiert, diesmal etwas weniger Teilnehmer, was aber das Probieren am Anfang ebenfalls einfacher gestaltete. Das flying menu ist und bleibt ohnehin legendär. Danke für diverse gute Chats (no part. order) u.a. mit Bernd Klingenbrunn, Silvia Caetano, Yves Beck und Robert Meyen (den Chat über Bewertungen setzen wir mal fort bei Gelegenheit), Frank R Schulz , Carsten M. Stammen (Du bist aber raus – insider) Joachim A. J. Kaiser , René Neukirch, Harald Scholl, Leo Quarda, Marcus Hofschuster, Christine Müller und mit dem einzigartigen Direttore Philipp Erik Breitenfeld (Diskussionskultur online… was für ein endloses Thema. Da geht der Stoff wie der Wein an dem Abend nicht aus). Apropos, die Weine: Diefenhardt beweist den Aufwärtstrend der letzten Jahre mit dem 2015er Schlenzenberg, und die 1986er Martinstaler Wildsau zeigte eindrucksvoll, auf welchem Niveau das Weingut früher schon mal war. Schöner gereift war kaum was an dem Abend, abgesehen vielleicht von der 2004er Gräfenberg Auslese von Weil (so filigran) und der RESSsüßen 1992er Oestricher Doosberg Auslese (so schmelzig); auch der 93er Rauenthaler Baiken von Kloster Eberbach erschien recht zeitlos. Zurück in die Zukunft: Peter Jakob Kühn hat mit den letzten drei Jahrgängen Sankt Nikolaus und Doosberg eine neue Riesling-Legende begründet, das behaupte ich jetzt mal, nachdem ich die Weine erneut probierte und bestimmt ein Dutzend weitere, enthusiastische Stimmen auf dem Fest vernahm. Ein längeres Gespräch mit dem Winzer an dem Abend zeigte mir auch erneut, was einen ‚großen‘ Winzer ausmacht: Die Fähigkeit, sich von den eigenen Weinen überraschen zu lassen, von der eigenen Innovation; immer getragen von dem Willen, sich genaueste Gedanken über das eigene Handwerk zu machen… Klingt vielleicht recht banal und simpel, aber vielleicht ist es auch so simpel, am Ende dieses schönen Abends?! Ähnliches könnte man über die meisten der Winzer sagen, die mit ihren Weinen vertreten waren, Ress/Würtz, Barth, Allendorf u.a. Da steckt insgesamt noch viel Zukunft drin. In 2014 und 2016 mehr als in 2015, um es auf die Jahrgänge zu beziehen. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Nachtrag: Der beste Wein, der überhaupt jemals zur Currywurst am Start war, da bin ich mit Bernd Klingenbrunn einer Meinung, war die 2010er Grünlack Spätlese von Schloss Johannisberg. Das passte zu 100%. Sowieso, Riesling & Curry, da sollte noch viel mehr kombiniert werden…“

Am Ende bleibt mir ein Wort, von Herzen und mit Nachruck: Danke!